Naila*
Stadt mit 217 Häusern und 1851 Einwohnern liegt 1546 Fuß über der Meeresfläche auf einem sanft ansteigenden Hügel an der Dreigrün, die hier in die Culmitz, und der letzteren, die bei Naila in die Selbitz mündet. Durch diese 3 Wasser ist die Stadt in drei Theile getheilt, welche durch eine erst 1857 über die Culmitz neu von Marmor erbaute Brücke und mehrere Stege miteinander verbunden sind.
*) Dieses Städtchen ist am Sonntag den 3. Aug. 1862 nachmittags durch eine Feuersbrunst bis auf 36 Häuser gänzlich zerstört und in eine große Ruine verwandelt worden.
Die Brücke über die Culmitz wurde nach dem überlieferten, anlässlich der Einweihungsfeier verfassten, Weihespruch am 22. Okt. 1856 eingeweiht.
Die Hauptstraße, die von Hof und Münchberg her über hier nach Steben und Lichtenberg führt, so wie der mit einem Röhrenbrunnen versehene Marktplatz sind geräumig und schön, die Nebengassen jedoch enge und meist von älteren Häusern umgeben. Der Hauptnahrungszweig war von jeher der Bergbau; seitdem dieser aber ins Stocken gerathen ist und fast gänzlich aufgehört hat, wandte sich ein großer Theil der Bevölkerung der Weberei zu, die für hiesige und auswärtige Fabrikanten zum Theil sehr schöne Arbeiten, meist in Baumwolle liefert.
Zur Stadtgemeinde Naila, die der Sitz eines Bezirksamts, Landgerichts und Pfarramts, einer Postexpedition, Salzfactorie und Malzaufschlagsstation ist, gehören folgende Orte und Einzelne:
- gegen Südosten : die Linden, vormals ein adeliges Gut; die Werk- oder Marmormühle, die Restauration;
- gegen Südwesten: die Ziegelhütte und das Rettungshaus zum Martinsberg;
- gegen Westen: der Kalkofen, Reutberg, Finkenflug und Ober-Erbsbühl;
- gegen Nordwesten: Dreigrün,
- gegen Norden: die Schleifmühle.
Zum Pfarrsprengel zählt außer diesen noch
- das Rittergut Froschgrün mit dem Dorfe gleichen Namens, sowie auch Schneckengrün, beide auf dem rechten Selbitzufer;
- der Antheil von Marxgrün auf dem linken Selbitzufer;
- Ober-, Mittel- und Unterklingensporn, welche zwischen Froschgrün und Marxgrün liegen und zwar ersterer und letzterer am linken, Mittelklingensporn aber am rechten Selbitzufer;
- Culmitz, Bärenhaus, Schottenhammer, Culmitzhammer und Untererbsbühl. Der Bezirk des k. Landgerichts umfasst zur Zeit noch 35 Gemeinden und wird von den Landgerichten Hof, Münchberg, Nordhalben und Stadtsteinach begrenzt.
Früher bestand hier auch ein Bergamt, welches aber gegen Ende des vorigen Jahrhunderts etwa 1790 nach Steben verlegt wurde und den Namen: „Das combinirte Bergamt Lauenstein und Lichtenberg“ erhielt.
Das Bergamt wurde im Jahr 1796 nach Steben verlegt
Der Boden um Naila ist theils lettig, theils sandschüssig, zuweilen steinig; und obwohl im Ganzen nicht unfruchtbar, liefert er doch nur in ganz guten Erntejahren den völligen Bedarf seiner Bewohner; während außerdem das Getreide von andern Seiten her bezogen werden muss.
Das Klima ist zwar etwas rauh und während der Wintermonate oft sehr kalt und stürmisch, so dass der Bau des Obstes und edlerer Früchte nicht recht hier gedeihen will; aber dafür außerordentlich gesund und zuträglich, so dass Asthma und Schwindsucht hierorts selten sind, und seuchenartige Krankheiten, wenn sie dann und wann einmal auftreten, sich nicht lange halten können, sondern bald wieder verschwinden.
Der N a m e dieses Orts wird in den alten Urkunden sehr verschieden geschrieben gefunden, wie aus nachfolgendem Verzeichnisse zu entnehmen ist:
1. Naila, 2. Nayla, 3. Neyla, 4. Naile, 5. Neilan, 6. Neula, 7. Neylein, 8. Naylein, 9. Neuleins, 10. Newlein, 11. Newleins, 12. Newlins, 13. Nevlins, 14. Neulins, 15. Neylin, 16. Neylen, 17. Newley, 18. Naylau, 19. Neilau, 20. Nevlau, 21. Nevlav, 22. Nailau, 23. Newnlin, 24. Newnlen, 25. Neyley, 26. Naylan, 27. Nailan, 28. Nelin, 29. Nelein, 30. Ayle, 31. Nehlen.
Die aufgeführten 31 Schreibweisen des Ortsnamens Naila sind in den bisher ausgewerteten Urkunden nicht restlos nachzuweisen.
Die Ableitung dieses Namens ist auf dreifache Weise versucht worden. Nach Einigen sollte er
1. von dem slavischen Worte „Nahly“ steil, jähling, stammen und ein Bergstädtchen bezeichnen. Allein wer die Lage von Naila kennt, wird nirgends einen steilen Hügel oder Berg in demselben finden und darum schon aus topographischem Grunde diese Erklärung als eine verunglückte bezeichnen müssen.
2. Nicht viel größeren Werth dürfte eine noch im Munde des Volkes gangbare Sage haben, nach der ein Jäger in der Au an der Selbitz ein großes Ei gefunden und den Namen auf die hieselbst befindliche erste Ansiedlung übertragen, d.h. ihr den Namen gegeben habe – E i l a u. Allein abgesehen davon, dass nicht angegeben werden kann, was denn für ein Ei jenes besonders große und selbst einem Jäger noch auffällige Ei gewesen sei und dass man gar nicht begreifen kann, wie zwischen Ei und Au das – I – hineingekommen sein soll, indem Eierau immer viel näher lag als Eilau; so lässt sich auch gar nicht annehmen, dass eine neue Niederlassung so ohne Namen dagestanden sei und auf den Zufall gewartet habe, der ihr für alle Zukunft diesen Namen geben sollte. Dass man diese Sage so lange nacherzählt und sogar am Thurm ein Ei in Stein ausgehauen hat, beweist blos wie unvorsichtig und leichtgläubig man in solchen Dingen zu Werke zu gehen pflegte.
Das Eierwalzen oder -walgen während der Osterfeiertage, das man hie und da noch als eine auf jenes Eifinden gegründete uralte Sitte erklärt und heut zu Tage noch eifrig treibt, beweist aber für den angegebenen Zweck so viel als gar nichts, da es sich an vielen andern bayerischen Orten, z.B. in Mistelgau bei Bayreuth, in Neuburg an der Donau, u.s.w. ebenfalls findet und nichts anderes als ein Osterspiel der christlichen Jugend ist.
3. Mehr Wahrscheinlichkeit hat schon die Meinung für sich als sei die ursprüngliche Anlage von Naila eine eiförmige, ovalrunde gewesen und davon der Name Eila, Eilau, und mit dem Vorschlag ´N (aus e i n) Naila oder N e i l a u entstanden. Wenn dem so sein sollte, sagt Will, so ist wenigstens aus dem kleinen Eila mit der Zeit ein großes geworden.
4. Den meisten Glauben verdient Longol, der in einem seiner Programme von 1751 die Behauptung aufstellt, es komme dieser Name von Neula oder Neulein, d. i. von neu her und bedeute mit angehängter Verkleinerungssilbe lein – eine kleine neue Anlage und Niederlassung, wie Neuhaus, Neudorf, Neuhof, Neuses, Neugattendorf u.s.w.; ähnlich auch dem lateinischen novale, das einen ausgerodeten neu angelegten und von Wenigen noch bewohnten Ort bedeutet. Denn zu dieser Erklärung passt nicht nur der bei weitem größte Theil der oben angeführten Schreibweisen, sondern auch die Analogie anderer in der Nähe befindlicher und ähnlich benannter Orte und selbst die Geschichte, welche uns sagt, dass in Naila anfangs blos eine Schäferei und einige Höfe gewesen seien, ja dass es 1343 noch ein Dorf geheißen habe.
Ob diese letztere Ableitung und Erklärung des Namens Naila genügt, steht freilich noch im Zweifel, da die Orte Neuhaus, Neudorf etc. alle späteren Ursprungs als Naila und wirklich anstatt der alten niedergebrannten Orte neu erbaut worden sind, während Naila seinen Namen schon in den ältesten Urkunden führt. Es fragt sich übrigens auch, ob Naila der ursprüngliche und echte Wortlaut sei, oder ob dieser Name im Laufe der Zeit sowohl durch Schrift als Sprache eine solche Umgestaltung und Veränderung erlitten habe, dass man die eigentliche Form und Bedeutung desselben heut zu Tage gar nicht mehr erkennen kann.